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Interview mit Berufsschullehrerin Claudia Fürst

"Ich kann mir keinen Beruf vorstellen, der mir mehr Spaß macht!", sagt Claudia Fürst. Seit rund 13 Jahren unterrichtet sie Zimmerer-Azubis.

Sie schätzt unter anderem den „ehrlichen Menschentyp“ an ihren Zimmerer-Azubis: Claudia Fürst unterrichtet seit 13 Jahren Fachtheorie im Zimmererhandwerk, Politik und Gesellschaft sowie Deutsch an der Berufsschule Furth im Wald (Landkreis Cham). Im Interview erzählt die gelernte Modelltischlerin, wie es dazu kam und warum das Zimmererhandwerk immer beliebter wird.

Frau Fürst, nach dem Abitur haben Sie eine Ausbildung zur Modelltischlerin gemacht. Wie sind Sie im Zimmererhandwerk gelandet?
Claudia Fürst: Damals hat mir mein Berufsschullehrer gesagt, dass ich gut ins Lehramt passen würde. Deshalb habe ich nach meiner Ausbildung „Lehramt an beruflichen Schulen, Schwerpunkt Bautechnik“ studiert und das war eine gute Entscheidung: Ich kann mir keinen Beruf vorstellen, der mir mehr Spaß macht!

Wieso?
Ich unterrichte die Zimmerer-Azubis gerne. Es ist eine bunt gemischte Truppe: Von Förderschülern über Abiturienten bis zu Umschülern, die bereits eine Ausbildung abgeschlossen haben, ist alles dabei. Manche haben Wald daheim, andere hatten bis zum Beginn der Lehre wenig mit Holz zu tun. Aber alle mögen den Baustoff Holz, arbeiten gerne draußen und können sich nicht vorstellen im Büro zu sitzen. Sie sind nett, ein ehrlicher Menschentyp, und man kann auch mal kritisieren, ohne dass sie einem böse sind.

Anfangs mussten Sie sich aber sehr in das Zimmererhandwerk hineinfuchsen?
Mein Studium war sehr weitgefasst, es hat rund 80 Bauberufe abgedeckt. Natürlich wusste ich durch meine Lehre viel über Holz, aber in das Zimmererhandwerk musste ich mich einarbeiten. Ich habe nette Kollegen, die jederzeit helfen, habe Fachbücher gelesen, im Internet recherchiert, mich am Lehrplan orientiert. Mittlerweile korrigiere ich sogar Teile der theoretischen Zwischen- und Gesellenprüfung und prüfe Condetti im praktischen Teil. Aber man lernt nie aus: Beispielsweise im Holzrahmenbau ändert sich ständig etwas, da muss man seinen Unterricht immer anpassen.

Wäre eine Zimmerer-Lehre auch was für Sie gewesen?
Ja, aus heutiger Sicht hätte mir das viel gebracht. Ich bin gerne draußen, mir gefällt Holz und die kollegiale Zusammenarbeit auf der Baustelle. Natürlich ist die Arbeit anstrengend, aber in meiner Zeit an der Berufsschule hatten wir schon rund zehn Zimmerinnen. Manche bleiben, manche wechseln nach der Lehre in einen anderen Beruf, machen BOS oder haben schon Abitur und studieren Architektur oder Bauingenieurwesen.

Wie hoch ist das Interesse an einer Zimmerer-Ausbildung?
Die Lage am Bau ist gut, die Betriebe suchen händeringend Azubis und immer mehr Jugendliche wollen Zimmerer werden. Vor allem in der Corona-Krise haben sie und ihre Eltern gemerkt, dass das Handwerk ein relativ krisenfester Bereich ist. Bislang konnten die Zimmereien durcharbeiten, außerdem verdient man relativ gut im Handwerk. 

Neben der Zimmerer-Theorie unterrichten Sie auch Politik und Gesellschaft. Warum braucht’s das an einer Berufsschule?
Manchmal braucht es einen Schups, dass man über den eigenen Tellerrand schaut. Die heutige Gesellschaft ist oft sehr Ich-bezogen. In Politik und Gesellschaft kann man neue Sichtweisen aufzeigen und diskutieren. Unsere Schüler sind im Kleinen oft sehr engagiert, sei es in der Feuerwehr, im Fußballverein, etc. - geht es aber beispielsweise um die Bundestagswahl sagen einige: Da kenne ich mich nicht aus, deswegen gehe ich nicht hin. Da können wir helfen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass an der Berufsschule alles so bleibt und, dass ich meine Schüler/-innen in Präsenz sehe. Nur so sehe ich, wenn ihnen was auf der Seele liegt und kann versuchen zu helfen.

Bei der Freisprechungsfeier der Zimmerer aus den Landkreisen Cham, Schwandorf und Amberg-Sulzbach war auch Claudia Fürst dabei (vordere Reihe links).

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